Die Illusion des Fortschritts. In: Perspectives on Henri Lefebvre. de Gruyter Oldenbourg, Berlin/ Boston 2019, ISBN 978-3-11-049469-3.


Exposé

Exposé

Nach dem Bruch mit der kommunistischen Partei bekennt sich Henri Lefebvre in seinem Artikel Vers un romantisme révolutionnaire (1957) zu einer undogmatischen Interpretation des histori-schen Materialismus. Lefebvres Position findet in den zwanziger und dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts unter anderem Parallelen bei Walter Benjamin. Ausgangspunkt ist die kritische Haltung gegenüber einer kompromisslosen Fortschrittsideologie und dem evolutionä-ren Fortschrittsglauben.
Für Lefebvre und Benjamin ist ein Aspekt der Moderne, dass bis dato sichere und allgemein-gültige, dem Wissen und der sozialen Praxis inhärent erscheinende Codes sich in einem Ver-fallsprozess befinden. Die zunehmend abstrakte Welt bewirkt, dass das Individuum orientie-rungslos und konditionierbar zurückbleibt. Der Verlust der Zusammenhänge bedingt, dass die Verbindung zur Natur und zu der eigenen Vergangenheit verlorengeht. Zurückgeworfen auf ein mythisches Bewusstsein ist das Individuum dem Spiel und den Interessen der Herrschenden ausgeliefert. Vor allem der technische Fortschritt wird zu einer nicht zu kontrollierenden Waffe.
Lefebvre und Benjamin plädieren im Namen vor-moderner sozialer Positionen und Werte gegen die Entzauberung der Welt (Max Weber) und gegen die entgötterte Natur (Fr. Schiller), beto-nen dabei den visionären und zukunftsorientierten Charakter der Revolte. Der Rückgriff auf die Vergangenheit ist der Versuch in ihr Überbleibsel des paradiesischen Ursprungs des Menschen wiederzufinden, den Kontakt zur eigenen Geschichte nicht zu verlieren und aus der Erfahrung und der Analyse Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln.
Zentrale Termini wie Eingedenken, Jetztzeit, Momente, Residuen, Phantasmagorie, Utopie u.a. sind die Orientierungsmarken für den Vergleich gemeinsamer und unterschiedlicher Positionen von Henri Lefebvre und Walter Benjamin. Ziel ist die revolutionäre Forderung, das Kontinuum in der Entwicklung zu unterbrechen und aus dem fatalen Ablauf der Geschichte auszusteigen.
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After breaking with the communist party Henri Lefebvre adopts a non-dogmatic interpretation of historical materialism in his article “Vers un romantisme révolutionnaire” (1957). Lefebvre’s position has parallels in the 1920s and 1930s in Walter Benjamin’s works among others. The starting-point is a critical attitude in regard to an uncompromising ideology of progress and the
evolutionary belief in progress.
For Lefebvre and Benjamin one aspect of modern times is that hitherto certain and generally
valid codes as an inherent part of knowledge and social practice are disintegrating. An increasingly abstract world leaves the individual without orientation and an easy prey to conditioning. The general loss of coherence entails that man’s links to nature and to his own past get lost. Restricted to a mythical consciousness the individual becomes the plaything of the ruling classes and their interests. Technological progress turns into an uncontrollable weapon.
In the name of pre-modern social positions and values both Lefebvre and Benjamin plead against the “Entzauberung der Welt” (Max Weber) and against the “entgötterte Natur” (Friedrich Schiller), insisting on the visionary character of the revolt. By turning to the past man can attempt to recover remnants of his paradisiacal origins, he can avoid losing contact with his own history and develop perspectives for the future from this experience and analysis.
Key-terms like “Eingedenken, Jetztzeit, Momente, Residuen, Phantasmagorie, Utopie” guide this comparison of common and divergent positions of Henri Lefebvre and Walter Benjamin. The aim is the revolutionary demand for the interruption of continuing development and the withdrawal from the fatal course of history.


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