Fernand Mathias Guelf (Dr. phil.)

Geboren in Luxemburg, studierte Philosophie, Deutsche Literatur, Vergleichende Literaturwissenschaften und Geschichte. Fernand Guelf konzentriert sich neben den philosophischen, sozialen und literarischen Dimensionen der Urbanisierung auf die Möglichkeiten einer differenzierten Sichtweise der Gegenwart. Das kritische Hinterfragen tradierter Analyseschemata und Wertvorstellungen führt zu einem provokativen Nebeneinander unterschiedlichster Positionen. Der abgeleitete Kreativitätsbegriff begreift sich als Alternative zum abendländischen Kultur- und Geschichtsverständnis.

Nach dem Besuch der Grundschule in Wasserbillig und dem Lycée Classique d’Echternach studierte Fernand Guelf Germanistik, Philosophie, Geschichte und Vergleichende Literaturwissenschaften in Luxemburg, Saarbrücken und Trier und promovierte 2010 an der Philosophischen Fakultät der Technischen Universität Berlin. Neben seinem Studium arbeitete er als Kunstkritiker und Fernsehproduzent. Er war Mitbegründer des privaten Fernsehsenders Kueb TV. Seit 1988 betreibt er zudem mehrere Gastronomiebetriebe sowie ein Landschaftsarchitekturbüro. Fernand Guelf lebt in Luxemburg und Berlin.

Neben seiner Arbeit als Unternehmer ist Guelf auch wissenschaftlich tätig. Dabei ist sein übergreifendes Thema die Stadt, die er kulturtheoretisch und philosophisch immer wieder neu beleuchtet, so in seiner 2009 unter dem Titel Stadtluft macht frei. Von der Polis zur Cyberstadt publizierten Magisterarbeit und in seiner 2010 erschienenen Doktorarbeit zur Urbanisierungstheorie Henri Lefèbvres, Die urbane Revolution. Die essayistischen Werke Fesseln der Zeit (2011) und … dichterisch wohnet der Mensch (2012) beschäftigen sich mit dem identitätsstiftenden Potential von Zeit und dichterischem Wort.

Urbanisierungsmythen und Fragen nach der Durchbrechung tradierter Kategorien wie Raum und Zeit spielen auch in Guelfs literarischem Werk eine Rolle. Dabei sollen herkömmliche Gegensätze, wie das Gegenüber von Mythos und Wissenschaft, von Fiktion und Realität oder Vergangenheit und Gegenwart aufgebrochen werden, um neue Verstehenskonzepte entstehen zu lassen. Ich kann nur am Anfang oder am Ende der Welt leben (2013) schildert den Versuch des Protagonisten, in einer widersprüchlichen und vom Chaos bestimmten Welt neue Sinngebilde zu schaffen. In Auf der Suche nach Konrad (2014) führt eine komplexe Zeitreise den Erzähler in das Berlin und Paris des frühen 20. Jahrhunderts. Dabei stehen die Zeitlosigkeit krisenhafter Erfahrungen und die gleichzeitigen Brüche des urbanen Raumes im Vordergrund. Palimpsestartig baut Guelf Versatzstücke aus anderen literarischen Werken ein, sodass die Erzählung sich auch als Suche nach Sprache und Topoi der Jahrhundertwende entfaltet. Der 2015 erschienene Roman Sage dem König überträgt das Thema der historischen Grenzüberschreitung auf die Gegenwart, indem der Protagonist sich am Ende einer Epoche mit dem digitalen Zeitalter konfrontiert sieht. In allen Werken durchlebt das Individuum die ihn umgebenden Brüche gleichzeitig als persönliche Identitätskrisen.

- Nathalie Jacoby (Luxemburger Autorenlexikon)

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