... an Rosen ist jedes Haus gelehnt

Ronne, ein junger Arzt, der fruher viel seziert hatte, fuhr durch Suddeutschland dem Norden zu. Er hatte die letzten Monate tatenlos verbracht; er war zwei Jahre lang an einem pathologischen Institut angestellt gewesen, das bedeutet, es waren ungefahr zweitausend Leichen ohne Besinnen durch seine Hande gegangen, und das hatte ihn in einer merkwurdigen und ungeklarten Weise erschopft. Jetzt sass er auf einem Eckplatz und sah in die Fahrt: es geht also durch Weinland, besprach er sich, ziemlich flaches, vorbei an Scharlachfeldern, die rauchen von Mohn. Es ist nicht allzu heiss; ein Blau flutet durch den Himmel, feucht und aufgeweht von Ufern; a n R o s e n i s t j e d e s H a us g e l e h n t , und manches ganz versunken. Ich will mir ein Buch kaufen und einen Stift; ich will mir jetzt moglichst vieles aufschreiben, damit nicht alles so herunterfliesst. So viele Jahre lebte ich, und alles ist versunken. Als ich anfing, blieb es bei mir? Ich weiss es nicht mehr. Dann lagen in vielen Tunneln die Augen auf dem Sprung, das Licht wieder aufzufangen; Manner arbeiteten im Heu, Brucken aus Holz, Brucken aus Stein; eine Stadt und ein Wagen uber Berge vor ein Haus. (Gottfried Benn, Gehirne)

Cookies

Diese Website verwendet Cookies, um Ihnen den bestmöglichen Service zu gewährleisten. Wenn Sie auf der Seite weitersurfen, stimmen Sie der Cookie-Nutzung zu.
Unser Richtlinie zur Nutzung von Cookies

Ich stimme zu