Zum Begriff der Freiheit

Vielleicht wissen wir mit dem Begriff Befreiung nichts mehr anzufangen? Ihm geht der Ruf voraus, wortbrüchig zu sein.
Und die Freiheit?
Sie ist nur für den unbedachten Liebhaber geeignet, jederzeit bereit sich auf ein Abenteuer einzulassen, selbst dann, wenn der Ausgang von Ernüchterung geprägt ist. In den Fängen der Freiheit genießt der Verliebte die vielversprechenden zärtlichen Liebkosungen, die, einmal das Feuer entfacht, in heißen Umarmungen stürmische Nächte versprachen und immer wieder, überall und jederzeit zum Vollzug anstachelten. Jeder neue Morgen rief nach neuen Taten, die jedoch bald schon zu erkennen gaben, dass die Geliebte betrog, ihren Lohn forderte, sich stündlich veränderte, ihr alterndes Gesicht zeigte, verbittert und rachsüchtig.

„Ich glühte, das Fieber bedeckte mich mit Küssen und umschlang mich wie der Arm der Geliebten. Die Finsternis wogte über mir, mein Herz schwoll in unendlicher Sehnsucht, es drangen Sterne durch das Dunkel, und Hände und Lippen bückten sich nieder.“ Die Ernüchterung auf das euphorische Gefühl des Freiheitskampfes - „Der Freiheit eine Gasse! - Sorgt für mein Weib! Eine Eichenkrone werd ich ihr hinterlassen,“ ruft der begeisterte Simon in Dantons Tod und erkennt nicht die Tragweite dieses Todesmutes: „Und jetzt? Und sonst? Ich habe nicht einmal die Wollust des Schmerzes und des Sehnens.“
„Ich studierte“, so Büchner weiter im gleichen Brief an seine Braut 1834, „die Geschichte der Revolution. Ich fühlte mich wie zernichtet unter dem grässlichen Fatalismus der Geschichte. Ich finde in der Menschennatur eine entsetzliche Gleichheit, in den menschlichen Verhältnissen eine unabwendbare Gewalt, Allen und Keinem verliehen. Der Einzelne nur Schaum auf der Welle, die Größe ein bloßer Zufall, die Herrschaft des Genies ein Puppenspiel, ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz, es zu erkennen das Höchste, es zu beherrschen unmöglich.“ (Georg Büchner, An die Braut,Gießen, nach dem 10. März 1834)