Auf den Gipfeln der Verzweiflung
Denn der Geist ist die Frucht einer Krankheit des Lebens und der Mensch nur ein erkranktes Tier. Das Vorhandensein des Geistes ist eine Anomalie im Leben. Ich habe auf so vieles verzichtet, warum nicht auch auf den Geist? Aber ist der Verzicht nicht eher eine Krankheit des Geistes als eine des Lebens? (Cioran, Auf den Gipfeln der Verzweiflung)
Der Individualist, angewidert von der Langeweile der Geschehnisse, der Öde der eigenen Depression, unterwirft sich Auf den Gipfeln der Verzweiflung nicht den Richtlinien eines kollektiven Geistes. Er verweilt in seiner Feindseligkeit, lebt in der Einsamkeit den Individualismus, der ihm mit jedem Gedankenschlag bestätigt: das Leben draußen ist eine Anhäufung von Desastern. So wie er die Welt betrachtet, betrachtet er die Leere. Unfähig aber auch unwillig sich ein Leben neben dem eigenen vorzustellen, zerfällt jeder übergeordnete Gedanke in zusammenhanglose Fetzen aus Gegensätzen.
Fast schon genüsslich zerstückele ich die Geschichte des Unheils. In einer ausgebluteten Welt, sammele ich die Katastrophen wie Trophäen, reihe sie mit der Distanz eines unbeteiligten Fremden aneinander. Das Zusammenhängende immer wieder in der Konfrontation mit dem Chaotischen und dem Unsinnigen zerberstend. Jeder Versuch einer Sinngebung rechtfertigt das selbstgefällige Sich-Fallen-Lassen; jeder übergeordnete Gedanke lässt den Atem stocken: „Die Luft, die in den Lungen rostet, ist von Gott ausgehaucht“. (Cioran, Leidenschaftlicher Leitfaden)
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